Die geweihte, heilige Nacht

„Fürchtet euch nicht! Denn seht, ich verkünde euch eine große Freude, die allem Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Heiland geboren, der Messias und Herr!“ (Lk. 2,10f.).
Mit diesem Worten aus dem Weihnachtsevangelium wird auch uns verkündet, wie sehr wir Gott am Herzen liegen, so sehr, dass Er uns heimholen und erlösen will. Der Heiland, der Messias, der Herr ist geboren! Das Heil, die Erlösung, die Rettung aus unserer Not hat begonen! Gott selbst ist zu uns hernieder gestiegen, um uns aus der Not der Sünde zu erretten und uns wieder in die Freude Seiner Heiligkeit und Seiner Herrlichkeit heimzuholen, uns Anteil an Seinem Leben in der Liebe des Heiligen Geistes zu ermöglichen!
Wir sollen uns nicht fürchten, wir sollen vertrauensvoll unser Herz dieser Liebe Gottes öffnen, die uns den Weg zum Himmel wieder aufschließen will! Der Heiland, der Erlöser, Christus, der schon lange erwartete Gesalbte (Messias) ist erschienen, unser Herr, der Sein Volk heimsucht, um es zu heiligen! Da sollen und dürfen nicht nur wir uns freuen, da jubeln die Chöre der Engel in der Herrlichkeit des Herrn.
In der Stadt Bethlehem selbst hat in dieser Nacht wahrscheinlich niemand etwas bemerkt von der Freude, die Himmel und Erde mit ihrem Licht erfüllte. Hirten draußen vor der Stadt aber durften diese Herrlichkeit und Helligkeit Gottes sehen: „Die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie!“ (Lk. 2,9). In der Stadt herrschte Lärm und Geschäftigkeit, und danach in den Stuben eine betäubende Schläfrigkeit, keiner sah das Licht am Himmel, welches das natürliche Licht der menschlichen Lampen bei weitem übertraf! Nur diejenigen, die draußen wachten, durften den begrüßen, der für uns auch selbst draußen, außerhalb des Komforts von menschlichen Herbergen an einem der unscheinbarsten Orte Mensch geworden und sich so unter den Menschen den letzten Platz erwählt hat, wie Er auch später draußen vor der Stadt Jerusalem gelitten und in dieser bittersten Stunde der Ausgestoßenheit uns von aller Sünde und Bosheit, die der Teufel in die Herzen der Menschen ergießt, erlöst hat!
Die Liebe Gottes ist erschienen, und kaum einer hat es wahrgenommen! Und bis zu Seiner letzten Stunde wurde diese Seine Liebe oft missachtet, gering geschätzt und verleumdet, bis die Nacht der Bosheit der Menschen ihren Höhepunkt erreichte und alles Licht und alle Güte zu besiegen schien. Doch gerade da, im Leiden unter den größten Sünden, hat Christus die Sünde der Welt überwunden und uns neu den Weg zum Licht Seiner Liebe und zur Heiligkeit eröffnet. Jesus Christus ist so unser Heil, unser Erlöser, unser wahrer Messias, der uns aus der Finsternis und Kälte der Sünde befreien und uns wieder zu wahren Kindern Gottes machen will! Seit Er uns wieder Anteil an der Liebe Gottes im Heiligen Geist geschenkt hat, sind wir neu geschaffen und haben wieder Anteil an der Schönheit, welche der Schöpfung vor der ersten Sünde ursprünglich innewohnte! Die Nacht ist durch Jesus Christus für uns hell geworden, die gottferne Kälte geschwunden, wir dürfen durch die Gnade, die uns in Jesus Christus zuteil wurde, schon jetzt einen Blick in den Himmel werfen und mit den Engeln den Lobpreis Gottes singen!
Vor der Kulisse des Sternenhimmels, vor der Gott auch zu Abraham einst gesprochen und ihm Nachkommen so zahlreich wie die Sterne (Gen.15,5) und darin Segen für alle Völker verheißen hatte (Gen. 22,18; vgl. 12,3), da durften auch die Hirten plötzlich die Herrlichkeit Gottes schauen und himmlische Boten vernehmen.
Die alten Verheißungen hatten sich also erfüllt: In der Stadt Davids, in Bethlehem, ist der Messias erschienen (vgl. Mich. 5,2) – aber anders, als es sich viele Menschen vielleicht vorgestellt hatten, verborgen vor den Blicken der Welt und doch offenbar für diejenigen, welche ihr Herz nicht für die Herrlichkeit Gottes verschlossen hatten.
Und welches Zeichen geben die Engel an als Bestätigung ihrer Botschaft? „Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt ist und in einer Krippe liegt“ (Lk. 2,12). Sie sollen einen großen Herrn suchen, finden und begrüßen, aber dabei nach einem kleinen, schwachen, hilflosen Kind Ausschau halten, das nicht in einem Palast, nicht in einem Haus und nicht einmal in einem kleinen, ärmlichen Zimmerchen, sondern in einer armen Krippe, draußen bei den Tieren, in einem kalten Stall liegt! „Dies soll euch zum Zeichen sein“ (Lk. 2,12), nach einem solchen Kind sollen sie suchen, das soll die verkündete Freude, der Heiland, der Messias, der Herr sein!
Wäre Christus als großer und mächtiger König mit der Gewalt von irdischen Heerscharen erschienen, wie das die meisten Juden damals erwartet hatten, wie hätte er da wirklich die Herzen der Menschen erneuern und sie wirklich in ihrer tiefsten Not erreichen und sie erlösen können, sie aus der Gottferne der Sünde wieder heimholen können? Wäre ein solcher Christus in irdischer Größe den Menschen im Innersten nicht fern geblieben?
Diese heilige Nacht stellt alles auf den Kopf, was Menschen gewöhnlich denken und wonach sie streben. Alle menschliche Weisheit, alles was wir für groß erachten und für wichtig, all dies wird von der Weisheit, Größe und Liebe Gottes plötzlich völlig ins rechte Lot gestellt! Schon dieses Erscheinen Gottes in größter Demut und Kleinheit ist der Anfang der Erlösung, die uns unser Heiland, Retter und Messias gebracht hat! Schon hier strahlt der Segen, der einst Abraham verheißen wurde, für alle Völker! Denn Wanderhirten galten denen, die sich selbst für groß und für die allein wahren Israeliten hielten, nicht viel.
Lassen wir uns wie die Hirten von diesem Segen erfüllen! Er schenkt uns die wahre Freude, den wahren Frieden und die wahre Liebe, alles, was wir nur im Heiligen Geist Gottes, den uns unser Heiland und Erlöser zu schenken gekommen ist, finden können!
Öffnen wir uns wie Maria und Joseph diesem Heiligen Geist, der die Nacht mit Helligkeit und Glanz erfüllt, damit auch unser Leben dieses Licht und diese Freude der heiligen Nacht, welche die Engel zum Jubeln bringt, in die Dunkelheit unserer Tage hineinstrahlen lassen kann!
Bedenken wir dabei: Uns wurde die Gnade schon zuteil, uns auf den Weg zu unserem Herrn und Erlöser zu machen, wir durften die Botschaft der Engel schon hören und mit ihnen in das Loblied Gottes einstimmen, wir durften mit den Hirten auch selbst das Kind Jesus und damit unseren Herrn und Erlöser schon finden! Wie viele aber gibt es noch, die draußen in der Dunkelheit sitzen, ohne diese Frohe Botschaft und ohne das Licht, das mit Jesus Christus in der Heiligen Nacht zu uns gekommen ist, um alles hell zu machen und wieder mit der Liebe Gottes zu versöhnen!
Bleiben wir nicht nur in unseren schönen, warmen Stuben, gehen wir hinaus in den Stall, hören wir auf die Stimmen der Engel, begleiten wir sie hinaus in die Nacht und auf das dunkle Feld, singen auch wir mit ihnen für die Menschen dort draußen den Lobgesang und verkünden ihnen, was auch uns verkündet wurde: Eine große Freude, die allem Volk zuteil werden soll: Der Heiland ist geboren, der Messias und Herr! Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen Seiner Huld, allen, die guten Willens sind!

Thomas Ehrenberger

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